Mittwoch, 21. Juli 2010

Bezüglich privater Dinge

Der Blogeintrag von Stina hat mich ein wenig zum Nachdenken gebracht. Ich bin, was die Privatsphäre im Internet angeht, nicht sonderlich neurotisch eingestellt, aber alles, was ich veröffentliche, veröffentliche ich mit dem Bewusstsein aller Konsequenzen. Klar, gibt es mal den ein oder anderen Aussetzer, besonders wenn ich irgendwo Frust ablasse. Aber da ich in solchen Fällen die Anonymität wahre, können kaum Rückschlüsse auf reale Begebenheiten gezogen werden. Zumindest nicht, wenn mich die Leute nicht persönlich kennen. Ich finde es bedenklich, wie viele sich nicht darüber klar sind, wie öffentlich das Internet ist. Bei allem, was ich schreibe, frage ich mich, ob ich es auch in der Bücherei, am Bahnhof oder auf dem Marktplatz aushängen würde. Wenn nicht, veröffentliche ich es nicht. Aber ich gehe auch in Gesprächen mit persönlichen Details sehr reibe um, was mein Gegenüber gerne mal etwas irritiert. Von daher liegt meine Grenze da wahrscheinlich anders, als bei anderen.

Beim Thema Privatsphäre fallen mir als erstes aber nicht Facebook, Youtube oder irgendwelche Blogs ein, sondern Fernsehen und Printmedien. Nicht nur im Internet gibt es keine Hüllen mehr. Was man im Fernsehen oder in Zeitschriften über Ottonormalverbraucher oder auch über sogenannte Promis (der Begriff wird meines Erachtens etwas inflationär verwendet) erfährt, rangiert bei mir unter der Rubrik "Will ich das wissen?". Ist mir doch schnurzepiepe, ob Model A noch mit ihrem Macker zusammen ist, oder ob Sänger B mal wieder gesoffen hat. Und? Ist doch deren Leben. Klar könnte man jetzt mit Vorbildfunktion und Person des öffentlichen Lebens kommen, aber jeder Erwachsene sollte so viel Hirn haben, den Mist nicht nachzuäffen und jedem Kind sollte so viel beigebracht worden sein, dass es die größten Don'ts des Lebens nicht ausprobiert, selbst wenn der angebetete Popsänger nicht die Finger von den Drogen lassen kann. Das Leben ist eine einzige Big Brother-Show geworden. Auch wenn vieles im Fernsehen gestellt ist, finde ich es schon bedenklich, dass so viele Menschen den Schrott wirklich gut finden. Ist wahrscheinlich der Unfall-Effekt, der an mir zum Glück so völlig vorbei geht. Was interessieren mich Streitigkeiten in anderen Familien, mir völlig unbekannten? Was juckt mich der Nachbarschaftskrieg in Kleinposemuckel? Haben die Leute keine eigenen Probleme? Vielleicht ist es die zunehmende Anonymisierung. Man kennt seine Nachbarn nicht mehr, der Bekanntenkreis wird für viele kleiner oder sie vereinsamen völlig. Klatsch und Tratsch war schon immer beliebt, aber jetzt haben wir die Mittel und Wege, dass der Klatsch unglaubliche, deutschlandweite oder sogar weltweite Ausmaße annehmen kann. Mag sein, dass sich kommende Generationen daran gewöhnen, weil sie es nicht anders kennen, aber ich finde es pervers. Es mag auch ein Höhenkoller sein, der sich wieder legt. Es ist neu, wir müssen es nutzen. Irgendwann wird es normal, die ganze Welt erreichen zu können und der Hype verschwindet. Die Menschen kriegen ihr natürliches Schamgefühl zurück und die Enthüllungssendungen verschwinden genauso wie die 1000 Talkshows, die es mal gab. Oder der Mensch kann mit den vielen Informationen besser umgehen und somit genauer filtern, was er wirklich wissen muss oder will. Im Moment meinen ja viele noch, dass sie jede Information aufnehmen müssen, egal ob es sie interessiert oder nicht. Fast wie ein Zwang. Einfach weil sie Angst haben, nicht genug informiert zu sein. Aber ich schweife ab.

2 Kommentare: