Freitag, 4. September 2009

Wellllnesssss

Letztes Wochenende weilte ich auf dem ersten Wellnessurlaub meines jungen Lebens. Jawollja. Ich hatte mir das Kurhotel in Bad Ems ausgesucht und von meinem Vater gutscheintechnischer Art bezahlen lassen. Wenn dann richtig. Die Zugfahrt war bis auf ein wenig Verspätung ganz nett. Das Hotel war schnell gefunden, weil kaum zu übersehen. Es ist meines Wissens nach ca. 300 Jahre alt (1711 erbaut) und hat wohl schon die Creme de la Creme der damaligen Zeit beherbergt. Als ich Richtung Eingang schritt, fuhr vor mir ein Jaguar vor und ich kam mir verschwitzt, mit Turnschuhen und Tonnen schwerem Trolly (wie konnte ich nur so viel mitnehmen?) dezent dämlich vor. Das Gefühl besserte sich nicht, als ich die Eingangshalle betrat. Die Dame an der Rezeption erzählte mir jede Menge Zeug, von dem ich nicht mal einen Bruchteil behielt. Sie drückte mir einen Zettel mit meinen Anwendungsterminen in die Hand und fragte, ob man mir mein Gepäck aufs Zimmer bringe sollte. Überwältigt von so viel ungewohntem Luxus murmelte ich ein „Danke, aber das geht schon.“ und machte mich Richtung Fahrstuhl auf. Ich hatte keinen Schlüssel, sondern so ein Chipteil, das ich einfach an ein Feld an meiner Zimmertür hielt. Ja, und dann trat ich ein. Purer, geballter Kitsch sprang mir gnadenlos entgegen. Eigentlich habe ich dazu auch ein nettes Video, aber leider weigern sich sämtliche Hochladseiten es zu fressen. Vielleicht liefere ich es nach.

Bad Ems ist eine niedliche, kleine Stadt die, wenn nicht gerade irgendwelche Festivitäten starten, eher tot als lebendig wirkt. Aber ich hatte das „Glück“ das Wochenende des großen Blumenkorsos™ miterleben zu dürfen. Seit ich eingetroffen war, sprach man von nichts anderem mehr, was mich letztendlich dazu brachte ihn, ja steinigt mich halt, zu boykottieren und vorher nach Hause zu fahren. So! Ätsch! Die Gegend rings herum war ein Traum und ich bin fleißig gewandert. Meine Herren, bin ich aus der Übung gekommen. Beschämend. Mit der Zeit gewöhnte ich mich auch an den Luxus, das üppige Frühstücksbuffet und all den Samt und Marmor, so dass ich am Samstag spontan auf dem Bartolomäusmarkt ein Stück billige Pizza brauchte. Musste als Ausgleich einfach sein. Vor dem Hotel ist die Römerquelle. Dort konnte man Heilwasser zapfen, welches viele Dinge enthielt, ca. 44 °C warm war, gut bei Verdauungsbeschwerden helfen sollte und absolut widerlich schmeckte. Aber was tut man nicht alles? Leider konnte ich vor dem Frühstück nix trinken, weil sie die so früh nicht aufschließen. Diskriminierend finde ich das. Wo ich dort unter den ganzen alten Menschen ein wenig mehr Gesellschaft in Sachen seniler Bettflucht hätte haben sollen. Nun, hatte ich auch. Das Schwimmbad war um 7:00 brechend voll.

Aber nun zum Verwöhnteil der Reise. Meine Anwendungen waren sehr interessant:

Gesichtsbehandlung
Ich fühlte mich sehr fehl am Platz. Sie fragte, wann ich das letzte Mal bei einer Kosmetikerin war. „Äh, noch nie?“. Bei den Fragen nach meinem letzten Peeling, meiner bevorzugten Gesichtsreinigung und Creme und meiner letzten Kur (WTF?!) log ich mir was zusammen. Muss ihr ja nicht auf die Nase binden, dass ich so gut wie keine Kosmetik benutze. Aber die Anwendung tat gut. Sie meinte, meine Haut wäre unterversorgt und ich hätte eine sehr empfindliche Mischhaut. Na wenn sie meint. Wollte mir auch eine Kur und eine Creme verkaufen. Die Creme alleine kostete 50 € und von der Kur hatte ich ja gerade eine Ampulle für 18€ bekommen. Die wollte ich nicht im 10er-Pack. Nee, nicht wirklich.

Ganzkörpermassage
Sehr angenehm aber auch sehr schmerzhaft. Die Masseurin meinte, ich wäre extrem verspannt. Ach sag bloß. Das habe ich auch gemerkt. Liegt am Stress und der schlechten Nacht. Danach tat mir der ganze Schulterbereich weg, aber nur für ne halbe Stunde.

Manikühüüre
Das mit der Nagelhaut ist eine interessante Sache. Vielleicht versuche ich mich da auch mal dran. Meine Nägel sehen plötzlich so groß aus, wenn sie nicht mehr halb überwuchert werden. Sie meinte, ich sollte im Allgemeinen sehr vorsichtig mit Peelings sein, da meine Haut so extrem zart und weich sei. Sie sagte das beinahe etwas neidisch. „Wollen Sie sie haben?“.

Sandelholzbad
Es hätte so schön sein können. Man führte mich (ich trug einen flauschigweißen Hotelbademantel) in das Zimmer mit der Wanne. Es duftete einfach herrlich. Dann meinte die Dame freudestrahlend: „Ich habe es extra nicht so heiß gemacht. Nur lauwarm. Das ist sicher angenehmer für sie.“ Ich habe sie wohl sehr entsetzt angestarrt, zumindest fügte sie dann noch schnell hinzu, dass ich auch heißes Wasser nachlaufen lassen könnte. Als ich in die Wanne stiegt, wurde ich spontan schockgefroren und drehte schnell den Wasserhahn auf. Nach einiger Zeit kam sie wieder und fragte, ob es meinem Kreislauf gut gehe. Öh, ja. Bei dem kalten Wasser jubelt er in den höchsten Tönen. Danke der Nachfrage.

Sauna
Kein Teil der Kosmetik, aber trotzdem nett. Schön leer (waren alle bei dem Fest). Etwas nervig waren allerdings die Damen, die dort in Badeanzug oder Bikini rumliefen. Ich habe nix dagegen, wenn das mal jemand macht, weil dieser sich nackt halt nicht wohl fühlt. Aber dort war es fast die Regel. Dazu kam dann noch dieser ältere Herr, der von Handtüchern wohl noch nie was gehört hatte und fröhlich auf die Holzbänke schwitzte. E-kel-haft! In der Sauna lagen auch dieverse Zeitschriften und Magazine aus. So kam ich in den Genuss, das erste Mal in meinem Leben den Playboy zu "lesen". Nunja, die Artikel waren recht interessant und die Bilder waren gut gemacht. Ich muss sagen, dass er mir gar nicht mal so schlecht gefallen hat. Wirkte nicht billig, sondern sehr ästhetisch.

Am Sonntag hätte ich auch noch eine Anwendung haben sollten (ein Bad mit anschließendem Peeling), aber ich musste ja unbedingt vorher noch in den Whirlpool. Als ich rein ging, fand ich das Wasser und auch den Geruch schon so komisch. Aber ich dachte, vielleicht ist es ein bestimmtes Bad. Hier würde mich das nicht wundern. Wenige Sekunden später war ich aber schon wieder draußen und hechtete zur Dusche. Das Wasser brannte auf der Haut und an bereits trockenen oder empfindlichen Stellen (Knie, Verletzungen), brannte es wie Feuer. Kurz danach kam ein Hotelmitarbeiter und sperrte das Becken ab. Danke dafür. Mir schien es, als wäre es eine Art Lauge. Da ich nun aber Wasser nicht mehr ohne Schmerzen auf der Haut ertragen konnte, musste ich meinen Termin absagen. Stattdessen bekam ich eine Cremepackung, welche das Brennen etwas milderte. Nachdem ich bei der Rezeption gemeckert hatte, bekam ich 10% Rabatt. Auch nicht schlecht. Mittags gab es noch einen Lunch. Sehr lecker. Der (kleine, junge, niedliche) Koch, der das heiße Essen ausgab, schmiss mir den Brokkoli vor sie Füße und gab mir fast die falschen Nudeln. Etwas nervös. Ich saß an einem Tisch mit einer älteren Dame, einer Frau und ihrem selbstgefälligen Mann. Irgendwann wurde es mir zu viel und ich gab meinen exzellenten Platz direkt an der Brüstung des Balkons auf. Hatte keinen Bock auf den Blumenkorso™ und fuhr nach Hause. Der Weg war schließlich noch lang genug.



Was habe ich aus diesem Urlaub gelernt?

1. Steige nie in komisch riechendes Wasser.
2. Kosmetik ist nicht immer sinnvoll, aber immer schön.
3. Bad Ems Ende August meiden.
4. Muss mehr wandern.

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